En verano de 2012 recibí una beca de formación Grundtvig y realicé un curso para profes de alemán en Graz / Raach am Hochgebirge (Austria) que me gustó tanto, que este año he vuelto a hacer otro curso ("Movimiento en el aula") con la misma institución (Kultur und Sprache) y naturalmente con el mismo organizador, Clemens Tonsern, pero en otros maravillosos sitios de Austria (Klagenfurt / Saalbach).
Con Clemens Tonsern hablo de Austria, el alemán austríaco y los austríacos. La entrevista está en alemán y la traduciré al castellano próximamente.
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Raach am Hochgebirge 2012 |
Clemens, wie lange organisierst du schon bei Kultur und Sprache Fortbildungsseminare für
DeutschlehrerInnen aus der ganzen Welt?
Als Seminarleiter für Kultur und Sprache bin ich seit 2010 tätig, als
Seminarorganisator und –leiter seit 2011, davor war ich bereits einige Jahre
als Workshopleiter bei verschiedenen Seminaren in Österreich im Einsatz.
Macht es dir Spaß? Ist es manchmal auch anstrengend?
Die Organisation und die Leitung von Seminaren machen mir eine große
Freude; es ist ja nicht so, dass solche Fortbildungsveranstaltungen eine
Einbahnstraße sind, im Sinne dessen, dass es nur einen Wissenstransfer von den
WorkshopleiterInnen hin zu den TeilnehmerInnen gibt: Ich konnte fachlich wie
menschlich und in Hinblick auf meine eigenes interkulturelles Wissen enorm von
den Seminaren, von den TeilnehmerInnen aus aller Welt profitieren. Freilich ist
es auch ab und zu anstrengend, aber die Freude am gemeinsamen Lernen überwiegt
bei weitem.
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Saalbach - 2015 |
Hast du auch im Ausland gelebt? Welche Sprachen sprichst du?
Bis heute habe ich insgesamt 8 Jahre im Ausland gelebt, sieht man es einmal
von meinen Semesteraufenthalten in Deutschland und in Russland während meines
Studiums ab. Ich habe als DaF-Gastlektor an verschiedenen Unis 2 Jahre in
Russland, 2 Jahre in Ungarn und 4 Jahre in der Tschechischen Republik gelebt
und gearbeitet. Was die Sprachen anlangt, spreche ich ganz gut Englisch und
Russisch, ein wenig Tschechisch, Polnisch, Französisch. Auch Spanisch,
Rumänisch und Ungarisch habe ich einmal gelernt, aber da sind leider nur sehr
wenige Worte und Phrasen in Erinnerung geblieben.
Alle Achtung! Das sind eine Menge Sprachen... Sag mal, Österreich ist meines Erachtens eine unbekannte Größe im Deutschunterricht,
zumindest hier in Spanien. Woran liegt das deiner Meinung nach?
Ich denke, dass Österreich nicht nur in Spanien im Bereich des Deutsch-
bzw. Landeskundeunterrichts eher eine untergeordnete Rolle spielt, das ist
meiner Erfahrung nach in den meisten Ländern der Welt so. Österreich ist im
Vergleich zu Deutschland eben deutlich kleiner und auch im Bereich der
Vermittlung der deutschen Sprache und Kultur nicht annähernd so präsent wie
Deutschland. Gleichzeitig muss man aber auch deutlich sagen, dass das
DACH-Prinzip in den letzten 20 Jahren sicher bereits einige Wirkung gezeigt hat
– es gibt kaum noch Lehrbücher und Lehrwerke zur Landeskunde, die gänzlich auf
Österreich und die Schweiz “verzichten”.
Welche Klischees über Österreich kommen am meisten vor?
Die Klischees und Stereotype, mit denen ich bei Workshops auf aller Welt
besonders häufig konfrontiert bin, sind natürlich auch abhängig vom jeweiligen
Land, aber generell würde ich die folgenden benennen: Mozart, Mozartkugeln,
Berge, Schifahren, Sigmund Freud, Arnold Schwarzenegger, Musik im Allgemeinen.
Manchmal auch noch Hitler und der “schwierige” Umgang Österreichs mit dem
Nationalsozialismus. In letzter Zeit bemerke ich auch, dass Conchita Wurst
offensichtlich weltweite Bekanntschaft errungen hat.
Wie sollten wir DeutschlehrerInnen im Ausland Landeskunde beibringen?
Das ist die schwierigste aller möglichen Fragen, die ich ehrlich gesagt
nicht hinreichend beantworten kann – genau das kritisieren manchmal auch meine
Studenten an der Uni Wien im Seminar zur Landeskunde. Das interkulturelle Lernen mit der Einschränkung, dass es zu keinen “kulturellen Festschreibungen”
kommt, ist wahrscheinlich der weltweit noch immer am besten praktikable Weg.
Meiner Erfahrung nach spielen das Vorwissen und die Interessen der LernerInnen
eine große Rolle, das bietet wichtige Anküpfungspunkte. Generell rückt man in
letzter Zeit eher vom faktenorientierten Ansatz sowie vom interkulturellen
Ansatz ab und versucht, den “kulturwissenschaftlichen Ansatz” von Claus Altmayer in die Praxis des Landeskundeunterrichts zu implementieren. Ich halte
diesen Ansatz für sehr spannend und die Beteiligung an Diskursen in den
Kulturen und Sprachen des Zielsprachenlandes für einen sehr lohnenden, wenn
auch in der Unterrichtspraxis nicht einfachen Weg. Ganz ohne Fakten geht es
aber freilich auch nicht.
Apropos Fakten... Ist das österreichische Deutsch ganz anders als das deutschländisches
Deutsch?
Ganz anders ist es sicher nicht – die Gemeinsamkeiten überwiegen. Aber es
ist auch ein Faktum, dass auf allen sprachlichen Ebenen Unterschiede bestehen
und das österreichische Deutsch für ÖsterreicherInnen ein sehr wichtges
Identitätsmerkmal darstellt.
Welche Wörter sind genuin österreichisch?
Das ist eine sprachgeschichtlich sehr schwer zu beantwortende Frage, weil
viele “Austriazismen” eigentlich lateinischen, italienischen, französischen
oder slawischen Ursprungs sind. Das sieht man auch bei “Klassikern” des
österreichischen Deutsch wie Matura, Zwetschke, Servus, Sackerl, Melanzani usw.
Im Bereich der Phraseologie würde ich jetzt auf die Schnelle “schauen wir
einmal” als Beispiel nennen, zumindest wird das von vielen deutschen
SprecherInnen nicht richtig verstanden - es heißt "wir werden sehen", aber mit einem negativen Beigeschmack. “Schmäh” ist auch noch so ein Beispiel,
zu dem es im Bereich der interkulturellen Kommunikation sehr viele Studien
gibt.
Mein Vater, der ein reisefreudiger Mensch war, meinte immer, dass die
ÖsterreicherInnen zu den liebenwürdigsten EuropäerInnen gehören. Ich hatte ihn
nicht ernst genommen und dachte, dass er es vielleicht nur so meinte. Aber als
ich 2012 im Rahmen des Fortbildungskurses "Methodenkompetenz DAF - Kreative Impulse zur Vermittlung von Sprache und österreichischer Landeskunde" die Gelegenheit
bekam, Österreich näher kennenzulernen, war ich von der Art der Menschen, die
ich da getroffen habe, sehr angetan. Du, Brigita Wurm (unsere Gitti!), Andrea Stangl, Kirstin Schwab, Lydia Hermann und auch Ute Michailowitsch, die
ich dieses Jahr kennen gelernt habe, kommt mir fast wie seelenverwandt vor. Ich
würde sagen, wenn du erlaubst, dass ihr fast “mediterran” denkt und fühlt. Ich
weiß, dass man nicht verallgemeinern sollte, aber sind Österreicher ganz anders
als Deutsche?
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Clemens und Gitti Wurm - Raach am Hochgebirge 2012 |
Das sind ja gleich mehrere Komplimente auf einmal! Ich würde nicht sagen,
dass Österreicher ganz anders als Deutsche sind und es gibt sicher mindestens
so viele unangenehme Österreicher wie Deutsche, denn das ist wahrscheinlich
immer eine Frage der Persönlichkeit. Generell überwiegen aus der
Außenperspektive auf den DACH-Raum sicher die Gemeinsamkeiten, wenn man aber
genauer hinsieht, wird man schon einige Unterschiede bemerken – die gibt es aber
auch innerhalb Österreichs. Graz attestiert man immer wieder ein “mediterranes
Flair”, vielleicht ist die Freundlichkeit und Gemütlichkeit, die Offenheit ein
Merkmal der Österreicher – wenn man sich dann aber wieder z.B. den Umgang mit
den AsylantInnen in jüngster Zeit anschaut, sieht das gleich wieder ganz anders
aus.
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Wanderung auf der Raxalpe - 2012 |
Es ist schwer, in Hinblick auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten nicht
die Grenze zur Verallgemeinerung und Stereotypenbildung zu überschreiten. Aber
es gibt auch seriöse, empirische Studien zu diesem Thema. Im Diskurs um die
österreichische Identität spielt in den letzten 50, 60 Jahren die Abgrenzung
vom Deutschsein ohne jede Frage eine sehr wichtige Rolle. Das war aber nicht
immer so. Angeblich sind Österreicher tatsächlich weniger zielstrebig, weniger
direkt, höflicher und charmanter, sowie gemütlicher und “leiser” als die
Deutschen. Man muss auch gleich dazu sagen, dass die Österreicher manchmal ein
Problem mit den Deutschen haben, aber es umgekehrt so gut wie keine Probleme
gibt. Es gibt ein schönes Zitat von Alfred Polgar, mit dem ich die Frage
beantworten möchte: "Der Österreicher ist so deutsch, wie seine Donau blau ist".
Ich denke, dass trifft es am besten.
Du bist ein Experte für den Einsatz des Films im Deutschunterricht. Welche
österreichischen Filme sollte deiner Meinung nach jede DeutschlernerIn
unbedingt gesehen haben?
Welche österreichischen SchriftstellerInnen gehören zu deinen
Lieblinglingen?
Wenn man als DeutschlernerIn Österreich kennenlernen möchte, sollte man mit
einer Reise nach Wien beginnen? Welche alternative Herangehensweise dazu würdest
du empfehlen?
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Graz 2012 |
Das ist fast schon eine Fangfrage für jemanden, der wie ich aus Graz und
der Steiermark kommt. Natürlich nicht, jede gute Österreichreise beginnt in
Graz! Im Ernst: Wien ist ungemein sehenswert, aber Österreich hat natürlich
noch sehr viel mehr zu bieten. Es wäre
genauso falsch, Österreich auf Wien zu beschränken, wie nach einem Besuch von
Madrid zu glauben, man würde alles von Spanien kennen. Als Deutschlernerin
würde ich bewusst auch kleinere Städte und Orte, wahrscheinlich auch die Berge
besuchen, wobei das auch wieder eher ein” Klassiker” ist. In jedem Fall also
Wien und dann so schnell wie möglich auch raus “aufs Land” oder “in die
Provinz”, um das Bild zu komplettieren und abzurunden.
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Blick auf den Großglockner - 2015 |
Genau... Vielleicht verkörpert Wien einfach die Habsburger... Weißt du? Über die Habsburger liest man natürlich viel in spanischen Geschichtsbüchern. Aber als ich die Silberkammer in der Hofburg in Wien besuchte, bestaunte ich die Pracht der Speiseservice und dadurch wurde mir die Bedeutung dieses Königshauses schlagartig bewusst... Diese Bewusstwerdung durchfuhr mich plötzlich wie ein Blitz...
Aber die Berge in Österreich ... So was Einmaliges! Die muss man unbedingt gesehen haben!
Vielen Dank, lieber Clemens, für dieses Interview und für all das, was ich von dir über Österreich gelernt habe. Ich bin sicher, dass ich bald ein weiteres Fortbildungsseminar von dir in Österreich besuchen werde!