Mittwoch, 16. September 2015

El austríaco es tan alemán como azul es su Danubio

En verano de 2012 recibí una beca de formación Grundtvig y realicé un curso para profes de alemán en Graz / Raach am Hochgebirge (Austria) que me gustó tanto, que este año he vuelto a hacer otro curso ("Movimiento en el aula") con la misma institución (Kultur und Sprache) y naturalmente con el mismo organizador, Clemens Tonsern, pero en otros maravillosos sitios de Austria (Klagenfurt / Saalbach). 
Con Clemens Tonsern hablo de Austria, el alemán austríaco y los austríacos. La entrevista está en alemán y la traduciré al castellano próximamente.

Raach am Hochgebirge 2012
Clemens, wie lange organisierst du schon bei Kultur und Sprache Fortbildungsseminare für DeutschlehrerInnen aus der ganzen Welt?
Als Seminarleiter für Kultur und Sprache bin ich seit 2010 tätig, als Seminarorganisator und –leiter seit 2011, davor war ich bereits einige Jahre als Workshopleiter bei verschiedenen Seminaren in Österreich im Einsatz.

Macht es dir Spaß? Ist es manchmal auch anstrengend?
Die Organisation und die Leitung von Seminaren machen mir eine große Freude; es ist ja nicht so, dass solche Fortbildungsveranstaltungen eine Einbahnstraße sind, im Sinne dessen, dass es nur einen Wissenstransfer von den WorkshopleiterInnen hin zu den TeilnehmerInnen gibt: Ich konnte fachlich wie menschlich und in Hinblick auf meine eigenes interkulturelles Wissen enorm von den Seminaren, von den TeilnehmerInnen aus aller Welt profitieren. Freilich ist es auch ab und zu anstrengend, aber die Freude am gemeinsamen Lernen überwiegt bei weitem.

Saalbach - 2015
Hast du auch im Ausland gelebt? Welche Sprachen sprichst du?
Bis heute habe ich insgesamt 8 Jahre im Ausland gelebt, sieht man es einmal von meinen Semesteraufenthalten in Deutschland und in Russland während meines Studiums ab. Ich habe als DaF-Gastlektor an verschiedenen Unis 2 Jahre in Russland, 2 Jahre in Ungarn und 4 Jahre in der Tschechischen Republik gelebt und gearbeitet. Was die Sprachen anlangt, spreche ich ganz gut Englisch und Russisch, ein wenig Tschechisch, Polnisch, Französisch. Auch Spanisch, Rumänisch und Ungarisch habe ich einmal gelernt, aber da sind leider nur sehr wenige Worte und Phrasen in Erinnerung geblieben.

Alle Achtung! Das sind eine Menge Sprachen... Sag mal, Österreich ist meines Erachtens eine unbekannte Größe im Deutschunterricht, zumindest hier in Spanien. Woran liegt das deiner Meinung nach?
Ich denke, dass Österreich nicht nur in Spanien im Bereich des Deutsch- bzw. Landeskundeunterrichts eher eine untergeordnete Rolle spielt, das ist meiner Erfahrung nach in den meisten Ländern der Welt so. Österreich ist im Vergleich zu Deutschland eben deutlich kleiner und auch im Bereich der Vermittlung der deutschen Sprache und Kultur nicht annähernd so präsent wie Deutschland. Gleichzeitig muss man aber auch deutlich sagen, dass das DACH-Prinzip in den letzten 20 Jahren sicher bereits einige Wirkung gezeigt hat – es gibt kaum noch Lehrbücher und Lehrwerke zur Landeskunde, die gänzlich auf Österreich und die Schweiz “verzichten”.  

Welche Klischees über Österreich kommen am meisten vor?
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Die Klischees und Stereotype, mit denen ich bei Workshops auf aller Welt besonders häufig konfrontiert bin, sind natürlich auch abhängig vom jeweiligen Land, aber generell würde ich die folgenden benennen: Mozart, Mozartkugeln, Berge, Schifahren, Sigmund Freud, Arnold Schwarzenegger, Musik im Allgemeinen. Manchmal auch noch Hitler und der “schwierige” Umgang Österreichs mit dem Nationalsozialismus. In letzter Zeit bemerke ich auch, dass Conchita Wurst offensichtlich weltweite Bekanntschaft errungen hat.  

Wie sollten wir DeutschlehrerInnen im Ausland Landeskunde beibringen?
Das ist die schwierigste aller möglichen Fragen, die ich ehrlich gesagt nicht hinreichend beantworten kann – genau das kritisieren manchmal auch meine Studenten an der Uni Wien im Seminar zur Landeskunde. Das interkulturelle Lernen mit der Einschränkung, dass es zu keinen “kulturellen Festschreibungen” kommt, ist wahrscheinlich der weltweit noch immer am besten praktikable Weg. Meiner Erfahrung nach spielen das Vorwissen und die Interessen der LernerInnen eine große Rolle, das bietet wichtige Anküpfungspunkte. Generell rückt man in letzter Zeit eher vom faktenorientierten Ansatz sowie vom interkulturellen Ansatz ab und versucht, den “kulturwissenschaftlichen Ansatz” von Claus Altmayer in die Praxis des Landeskundeunterrichts zu implementieren. Ich halte diesen Ansatz für sehr spannend und die Beteiligung an Diskursen in den Kulturen und Sprachen des Zielsprachenlandes für einen sehr lohnenden, wenn auch in der Unterrichtspraxis nicht einfachen Weg. Ganz ohne Fakten geht es aber freilich auch nicht.

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Apropos Fakten... Ist das österreichische Deutsch ganz anders als das deutschländisches Deutsch?
Ganz anders ist es sicher nicht – die Gemeinsamkeiten überwiegen. Aber es ist auch ein Faktum, dass auf allen sprachlichen Ebenen Unterschiede bestehen und das österreichische Deutsch für ÖsterreicherInnen ein sehr wichtges Identitätsmerkmal darstellt.

Welche Wörter sind genuin österreichisch?
Das ist eine sprachgeschichtlich sehr schwer zu beantwortende Frage, weil viele “Austriazismen” eigentlich lateinischen, italienischen, französischen oder slawischen Ursprungs sind. Das sieht man auch bei “Klassikern” des österreichischen Deutsch wie Matura, Zwetschke, Servus, Sackerl, Melanzani usw. Im Bereich der Phraseologie würde ich jetzt auf die Schnelle “schauen wir einmal” als Beispiel nennen, zumindest wird das von vielen deutschen SprecherInnen nicht richtig verstanden - es heißt "wir werden sehen", aber mit einem negativen Beigeschmack. “Schmäh” ist auch noch so ein Beispiel, zu dem es im Bereich der interkulturellen Kommunikation sehr viele Studien gibt.

Mein Vater, der ein reisefreudiger Mensch war, meinte immer, dass die ÖsterreicherInnen zu den liebenwürdigsten EuropäerInnen gehören. Ich hatte ihn nicht ernst genommen und dachte, dass er es vielleicht nur so meinte. Aber als ich 2012 im Rahmen des Fortbildungskurses "Methodenkompetenz DAF - Kreative Impulse zur Vermittlung von Sprache und österreichischer Landeskunde" die Gelegenheit bekam, Österreich näher kennenzulernen, war ich von der Art der Menschen, die ich da getroffen habe, sehr angetan. Du, Brigita Wurm (unsere Gitti!), Andrea Stangl, Kirstin Schwab, Lydia Hermann und auch Ute Michailowitsch, die ich dieses Jahr kennen gelernt habe, kommt mir fast wie seelenverwandt vor. Ich würde sagen, wenn du erlaubst, dass ihr fast “mediterran” denkt und fühlt. Ich weiß, dass man nicht verallgemeinern sollte, aber sind Österreicher ganz anders als Deutsche?
Clemens und Gitti Wurm - Raach am Hochgebirge 2012
Das sind ja gleich mehrere Komplimente auf einmal! Ich würde nicht sagen, dass Österreicher ganz anders als Deutsche sind und es gibt sicher mindestens so viele unangenehme Österreicher wie Deutsche, denn das ist wahrscheinlich immer eine Frage der Persönlichkeit. Generell überwiegen aus der Außenperspektive auf den DACH-Raum sicher die Gemeinsamkeiten, wenn man aber genauer hinsieht, wird man schon einige Unterschiede bemerken – die gibt es aber auch innerhalb Österreichs. Graz attestiert man immer wieder ein “mediterranes Flair”, vielleicht ist die Freundlichkeit und Gemütlichkeit, die Offenheit ein Merkmal der Österreicher – wenn man sich dann aber wieder z.B. den Umgang mit den AsylantInnen in jüngster Zeit anschaut, sieht das gleich wieder ganz anders aus.
Wanderung auf der Raxalpe - 2012
Es ist schwer, in Hinblick auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten nicht die Grenze zur Verallgemeinerung und Stereotypenbildung zu überschreiten. Aber es gibt auch seriöse, empirische Studien zu diesem Thema. Im Diskurs um die österreichische Identität spielt in den letzten 50, 60 Jahren die Abgrenzung vom Deutschsein ohne jede Frage eine sehr wichtige Rolle. Das war aber nicht immer so. Angeblich sind Österreicher tatsächlich weniger zielstrebig, weniger direkt, höflicher und charmanter, sowie gemütlicher und “leiser” als die Deutschen. Man muss auch gleich dazu sagen, dass die Österreicher manchmal ein Problem mit den Deutschen haben, aber es umgekehrt so gut wie keine Probleme gibt. Es gibt ein schönes Zitat von Alfred Polgar, mit dem ich die Frage beantworten möchte: "Der Österreicher ist so deutsch, wie seine Donau blau ist". Ich denke, dass trifft es am besten.

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Du bist ein Experte für den Einsatz des Films im Deutschunterricht. Welche österreichischen Filme sollte deiner Meinung nach jede DeutschlernerIn unbedingt gesehen haben?
Da gibt es sehr viele! Was die “Klassiker” anlangt, würde ich Hofrat Geiger, Hallo Dienstmann, Echo der Berge, Bockerer und Indien nennen. Eher aus der jüngeren Zeit die Filme von Ulrich Seidl, Michael Haneke, Götz Spielmann und Karl Markovics. Auch die neueren Krimiverfilmungen von Murnberger/ Haas geben via das Medium Film meines Erachtens einen guten Einblick in wichtige Themen der österreichischen Landeskunde. Neben den Spielfilmen gibt es auch großartige österreichische Dokumentarfilme, ich denke, We feed the world sollte wirklich jeder gesehen haben.
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Welche österreichischen SchriftstellerInnen gehören zu deinen Lieblinglingen?
Joseph Roth, Elias Canetti, Elfriede Jelinek, Ilja Trojanow und Erich Hackl. Letzteren mag ich übrigens auch ganz besonders wegen seiner Romane mit Spanien-Bezug. Von der jüngeren Generation kann ich allen Reinhard Kaiser-Mühlecker auf das Wärmste empfehlen.

Wenn man als DeutschlernerIn Österreich kennenlernen möchte, sollte man mit einer Reise nach Wien beginnen? Welche alternative Herangehensweise dazu würdest du empfehlen?
Graz 2012
Das ist fast schon eine Fangfrage für jemanden, der wie ich aus Graz und der Steiermark kommt. Natürlich nicht, jede gute Österreichreise beginnt in Graz! Im Ernst: Wien ist ungemein sehenswert, aber Österreich hat natürlich noch sehr  viel mehr zu bieten. Es wäre genauso falsch, Österreich auf Wien zu beschränken, wie nach einem Besuch von Madrid zu glauben, man würde alles von Spanien kennen. Als Deutschlernerin würde ich bewusst auch kleinere Städte und Orte, wahrscheinlich auch die Berge besuchen, wobei das auch wieder eher ein” Klassiker” ist. In jedem Fall also Wien und dann so schnell wie möglich auch raus “aufs Land” oder “in die Provinz”, um das Bild zu komplettieren und abzurunden.

Blick auf den Großglockner - 2015
Genau... Vielleicht verkörpert Wien einfach die Habsburger... Weißt du? Über die Habsburger liest man natürlich viel in spanischen Geschichtsbüchern. Aber als ich die Silberkammer in der Hofburg in Wien besuchte, bestaunte ich die Pracht der Speiseservice und dadurch wurde mir die Bedeutung dieses Königshauses schlagartig bewusst... Diese Bewusstwerdung durchfuhr mich plötzlich wie ein Blitz... 
Aber die Berge in Österreich ... So was Einmaliges! Die muss man unbedingt gesehen haben! 
Vielen Dank, lieber Clemens, für dieses Interview und für all das, was ich von dir über Österreich gelernt habe. Ich bin sicher, dass ich bald ein weiteres Fortbildungsseminar von dir in Österreich besuchen werde!

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